Über Reiki wurde und wird viel geschrieben. Es gibt inzwischen so viele verschiedene Varianten und Schulen, dass man als „Neueinsteiger“ leicht in Verwirrung geraten und den Überblick verlieren kann und sich vielleicht die Frage stellt: “ Was ist denn nun das richtige Reiki?“ Diese Frage ist berechtigt, zumal einige Schulen oder einzelne Lehrer proklamieren, das einzig wahre Reiki zu lehren bzw. weiterzugeben. Neuerdings höre ich vermehrt Behauptungen, dass nur das Reiki „echt“ ist, das aus der Phyllis-Furumoto-Linie, also der Reiki-Alliance, kommt. Ein Blick auf die Geschichte zeigt, dass das so nicht stimmt. Ursprünglich ist Reiki eine alte Heilmethode, die vermutlich aus Tibet oder Indien stammt und im japanischen Buddhismus bzw. Shintoismus verwurzelt ist.
Diese Methode wurde von dem japanischen Gelehrten Mikao Usui um 1914 neu entdeckt und weiterentwickelt, zum „Usui-System der Natürlichen Heilung“. Er war wie aus den Quellen hervorgeht mit seiner Heilkunst sehr erfolgreich und gründete mehrere Reiki-Kliniken und die „Usui Reiki Ryoho Gakkai“, die Usui-Reiki-Gesellschaft. Einer seiner Schüler war Dr. Chujiro Hayashi, der das Reiki-System von Mikao Usui neu ordnete und eine Einteilung in drei Grade vornahm, statt der vorher üblichen sechs.
Hawayo Takata, eine Japanerin, die auf Hawaii lebte, war die erste Frau, die von Dr. Hayashi in Reiki eingeweiht wurde.
Sie kam nach Japan, weil sie schwer krank war. Sie liess sich in einer Reiki-Klinik behandeln und wurde wieder gesund. Zusammen mit Dr. Hayashi brachte sie danach Reiki in den Westen und passte das System an die westlichen Bedürfnisse an. Durch sie kam auch die Legende im Umlauf, dass Mikao Usui ein Christ war, der u.a. auch an einer amerikanischen Universität studiert hatte. Da dies zur Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg war, die Japaner in Amerika daher nicht besonders beliebt waren durch den Angriff Japans auf die USA (Pearl Harbor), hatte Frau Takata vermutlich befürchtet, die Amerikaner würden Reiki ablehnen, wenn sie erführen, dass Usui dem Shintoismus (eine japanische Form des Buddhismus) angehörte.
Sie war auch der Meinung, dass die Menschen im Westen nur zu schätzen wussten, wofür sie viel Geld ausgeben mussten. Als sie Reiki zu unterrichten begann, galt Reiki als Geheimlehre und war sehr kostspielig.
Phyllis Lei Furumoto, ihre Enkelin, übernahm dieses Prinzip und gründete die Reiki-Alliance als Nachfolgerin von Frau Takata, obwohl umstritten war, ob sie die rechtmässige Erbin des Grossmeistertitels war. Denn eine Schülerin von Frau Takata, Barbara Weber Ray, behauptete, die rechtmässige Nachfolgerin von Frau Takata zu sein. Barbara Weber Ray gründete die „Radiance Technique“ und entwickelte das „Authentic Reiki TM“. Phyllis Furumoto war es, die Reiki in den USA und in Europa bekannt machte und viele Schüler ausbildete. Später kam es zu Abspaltungen von der Reiki-Alliance und neue Gruppierungen entstanden. Die Reiki-Alliance galt als elitär. Es wurde ihr angekreidet, dass das Reikisystem so geheimgehalten wurde und so viel Geld verlangt wurde. Der Meistergrad kostete z. B. 10 000 Dollar.
Deshalb verliessen viele Reiki-Meister und -Lehrer die Alliance und nannten sich freie Reiki-Lehrer, weil sie der Meinung waren, dass Reiki öffentlich zugänglich gemacht werden und erschwinglich sein sollte erreichbar für alle Menschen, und nicht nur für eine kleine exklusive Gruppe, die sich den Luxus einer Reikiausbildung leisten konnte. Zudem gaben sie das Reiki-Wissen auf undogmatische Weise weiter.
Und es entstanden neue Reiki-Systeme.
Grundsätzlich ist es so, dass Reiki sich sehr gut mit anderen Heilmethoden und Massagetechniken kombinieren lässt; daraus entwickelten sich dann Reikiformen wie z. B. das Huna-Reiki und viele andere mehr. Durch die Nachforschungen von Frank Arjava Petter in Japan stellte sich heraus, dass sich das Reikisystem, das Mikao Usui gelehrt hatte, deutlich unterschied von dem, das heute im Westen praktiziert wird also auch von dem Reikisystem von Phyllis Furumoto.
Was ist denn nun also das echte, richtige Reiki?
Eigentlich spricht es für den Reichtum des Raumes, des Universums, dass Reiki so vielfältig geworden ist. So ist für jeden etwas dabei, mit dem er sich identifizieren kann und was ihm hilft, gesünder und glücklicher zu sein und mit dem er sich persönlich und spirituell weiter entwickeln kann. Deshalb denke ich, das Reiki-System ist das Richtige, zu dem man sich hingezogen fühlt, das authentisch ist und das den eigenen Anschauungen, Wertvorstellungen und Intentionen am meisten entspricht. Das Gleiche gilt natürlich auch für den/die Reiki-LehrerIn.
Ich selbst hatte zwei Reiki-Lehrerinnen.
Meine erste, die mich in den ersten Grad einweihte, war Mitglied der Reiki-Alliance, unterrichtete eher dogmatisch und gab mir sehr viel Wissen über das Usui-Reiki weiter. Ihr war es wichtig, dass ihre SchülerInnen die Reiki -Methode und die Techniken der jeweiligen Grade genau erlernten und auch beherrschten.Da sie später nach Amerika ging, musste ich mir, als ich den zweiten und dritten Grad bzw. die Lehrerausbildung machen wollte, eine neue Lehrerin suchen.Meine zweite Reiki-Lehrerin war von einem Lehrer der Reiki-Alliance ausgebildet worden, hatte sich aber so wie ich dafür entschieden, als freie Lehrerin tätig zu sein. Sie lehrte ebenfalls das traditionelle Usui-System, doch ihr Unterrichtsstil und ihre Schwerpunkte unterschieden sich sehr von denen meiner ersten Lehrerin. Ihr lag es am Herzen, ihren Schülern Selbsterfahrung, Vertrauen in die eigene Intuition und Experimentierfreude mit Reiki zu vermitteln. Von beiden habe ich sehr viel gelernt, und ich bin sehr froh, dass sie meine Lehrerinnen waren. Auf ihre unterschiedliche Weise haben sie sich sehr gut ergänzt und mir dazu verholfen, meinen eigenen Stil als Reiki-Lehrerin zu kreieren.